Jürgen Heckmanns
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Jürgen Heckmanns


Jürgen Buchmann

Jürgen Heckmanns

Das Werk von Jürgen Heckmanns ist geprägt von der Allgegenwart eines unspektakulären, wenig Dauer versprechenden und alltäglichen Werkstoffs: des Papiers. In wundersamer Verwandlung übernehmen vergilbte Zeitungen, Makulatur, Verpackungen, Umschläge und Zettel die Rolle von Bronze, Stein und Marmor. Die Wahl dieser Materialien ist nicht zufällig; sie signalisiert ein künstlerisches Programm. Wenn sich Heckmanns Papierkunst in Abkehr vom glamour der Warenwelt dem Unscheinbaren und Übersehenen, dem Gefährdeten und Verschwindenden zuwendet, wenn sie das Repräsentative scheut und ihm das Fragment und den Zufallsfund vorzieht, macht sie damit ihr Mißtrauen gegenüber einer Gesellschaft geltend, die geprägt ist von einer Vision der Macht, vom Glauben an die unbeschränkten Möglichkeiten einer technischen, instrumentellen Vernunft. Sie ist auf der Suche nach einer Wirklichkeit, die sich dem Zugriff dieser Vernunft entzieht; und wenn die kritische Philosophie des Jahrhunderts das utopische Andere der Vernunft, das Nichtidentische, Unverfügbare einklagt, so gelingt es der Kunst, es zu beschwören, es sinnfällig und glaubhaft zu machen.

Da sind die großen Wände oder Membranen. Von ihrer Statik her scheinen sie unmöglich, ihre Torsion überschreitet, so möchten wir glauben, die Grenzen des Stabilen; ihre Botschaft scheint jedoch weniger in der triumphierenden List des Ingenieurs zu liegen, die sie wider alles Erwarten nicht stürzen läßt, als vielmehr umgekehrt in ihrem Verharren gleichsam am Rande des Falls, in der Beschreibung einer fragilen und äußersten Linie, mit der das Objekt seine virtuelle Zerstörung signalisiert, seinen Untergang für den Fall, daß wir unbedacht Zugriff nehmen, uns seiner versichern, es packen wollen. Wenn es aber beginnt, seinen Bann auszuüben, wenn ihm gelingt, uns zu warnen und wir lernen, uns mit Behutsamkeit zu nähern, bewirkt es eine geheimnisvolle Osmose, eine Transformation: die Trennlinie zwischen Subjekt und Objekt zerfließt, und im Maß, wie die Fläche der Wand beginnt, im Rhythmus unseres Atems zu schwingen, empfinden wir, die sie aus nächster Nähe betrachten, wie ihr Schaukeln sich mitteilt und in uns das physische Unbehagen des Schwindels oder die Intimität des Gewiegtwerdens weckt – je nach unserer Bereitschaft, uns hinzugeben, uns zu überlassen.

Gegenüber den großflächigen Membranen entfalten Jürgen Heckmanns Paperscapes einen Mikrokosmos vieldeutiger und zerbrechlicher Gestalten. Wer sie zum ersten Mal sieht, mag sich erinnert fühlen an die surrealistische Bildwelt Yves Tanguys. Mit ihr teilen die Paperscapes augenfällige Merkmale: Wüstenterrains bevölkern sich mit spärlichen Gebilden, die ebenso präzise wie rätselhaft erscheinen; sie erinnern an menschliche Gestalten, zitieren die Flora, die Fauna und die Form von Gesteinen, unschlüssig, wofür sie sich entscheiden sollen; gelegentlich deuten fast unsichtbare Linien, die sich zwischen ihnen entspinnen, auf komplexe und mysteriöse Beziehungen, die die Objekte untereinander unterhalten. Eine verbindliche, Ordnung verbürgende Perspektive fehlt; der Raum erscheint endlos und ungerichtet, während die Zeit zu einem schweigsamen, unbeweglichen Augenblick erstarrt. Manchmal glauben wir, einzelne Figuren wiederzuerkennen; sie wecken eine vage Vertrautheit, eine Art déjà vu; aber niemals sind solche Interpretationen zwingend. Den Bildern des Traums vergleichbar, muten die Gebilde der Paperscapes an wie Elemente einer verschlüsselten Sprache. Sie erschöpfen sich nicht in ihrer Gegenständlichkeit, sondern erscheinen darüber hinaus als Träger einer verborgenen Bedeutung, als Chiffren komplexer und rätselhafter Zusammenhänge: ihr Status schwankt zwischen Zeichen und Gegenstand. Sicherlich ist es nicht zuletzt diese Ambivalenz, der Jürgen Heckmanns Paperscapes ihre Faszination verdanken: sie provozieren Deutungen, die auf die Etablierung einer eindeutigen Ordnung von Zeichen und Bezeichnetem zielen, während sie gleichzeitig eine solche Ordnung beharrlich unterlaufen.

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