Jürgen Heckmanns
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Jürgen Heckmanns



Gerlind Frink

„Woher weißt du, dass du das jetzt machen sollst?“
Achtzehn Fragen an Jürgen Heckmanns

1. Dein wichtigstes Arbeitsmaterial ist Papier, Makulatur. Du kannst alles daraus machen, riesige Wände, überlebensgroße Figuren, Menschen und Tiere, du machst Schiffe und Leitern, und du machst Landschaften und baust theaterähnliche Szenen, du machst kleine Skulpturen, winzige Menschlein, die eine so vitale körperliche Präsenz haben, dass ich oft an Gulliver im Land der Riesen denke. Das machst du alles aus diesem unbedruckten, dünnen, brüchigen, scheinbar farblosen Papier. Wie bist du eigentlich dazu gekommen, wie hat das angefangen und wie hat sich das entwickelt?

2. Ich habe dich manchmal zeichnen gesehen, aber ich habe dich noch nie während der Arbeit mit Papier beobachtet. Ich wüßte gern: was machst du eigentlich damit? Wie gehst du vor? Wie brauchst du deine Hände? Was brauchst du sonst noch? Hast du einen Plan? Wenn ja, welcher Art ist er?

3. Es gibt einige, aber ganz wenige Bronzeskulpturen, die ihr, Jutta (Heckmanns) und du, aus den Papierplastiken habt anfertigen lassen. Was ist anders gegenüber der Papierskulptur?

4. Viele deiner Arbeiten, deine Wände zum Beispiel, haben diese ganz lebendige, sinnliche Oberfläche, wie Haut, wie Knochen, manchmal, ja, sie sind wirklich oft „Haut und Knochen“. Zugleich signalisiert ihre Leichtigkeit, ihre Fragilität: Noli me tangere, berühr mich bitte nicht. Dadurch entsteht eine ganz besondere Spannung zwischen dem Werk und dem Betrachter, eine Spannung zwischen Sinnlichkeit und Askese. Dieses Spannung verkörpert für mich den starken geistigen Aspekt deiner Arbeiten. Wie empfindest du das selbst?

5. Die Anspielungen auf lebendige Formen, nicht nur an Haut bei der Oberflächengestaltung, sondern auch an Muskulatur, an Gelenkte und Knorpel bei den Röhren, bei den Leitern, bei den „Beinstücken“ für deine Tableaus, für deine kleinen Welttheater, provozieren ja die Frage: Wie siehst du das Verhältnis von Organischem und Anorganischem, von naturhaften und künstlerischen Dingen?

6. Ein weiteres von dir bevorzugtes Thema deiner Arbeiten: Licht und Schatten. Da gibt es eine Fülle von Variationen in der Beziehung zwischen diesen beiden Aspekten. Die Wände zum Beispiel werfen Schatten auf sich selbst. Die Leitern verdoppeln sich. Die Figuren erschaffen mit ihren Schatten auf sich selbst. Die Leitern verdoppeln sich. Die Figuren erschaffen mit ihren Schatten dunklere Varianten ihrer selbst. Manchmal wirken die Schatten körperlicher, wirklicher als die Objekte, von denen sie erzeugt werden. Das Ganze scheint mir ein subtiles Spiel mit Fragen wie: Was ist die Wirklichkeit? Wie weit geht die Kontrolle des Künstlers über seine Objekte? Wo beginnen sie ein Eigenleben?

7. Als wir neulich deine Installation aus Röhren und Leitern betrachteten, während wir ein Streichquartett von Luigi Nono hörten, hatte ich den Eindruck, dass deine Bilder und Objekte trotz aller Reduktion und Askese in Form und Material auch so etwas wie Pathos haben, dass sie existentielle Grenzerfahrungen (Gefährdungen, Abgründe, Ängste, Stolpern, sich lächerlich machen, Abhängigkeit, Ausgeliefertsein...) thematisieren. Wie siehst du das?

8. Sind die Inhalte und Formen deiner Arbeiten auch provoziert von ganz persönlichen Erfahrungen oder aktuellen Lebenssituationen? Gibt es biografische Reflexe in deiner Arbeit?

9. Welche weiteren Einflüsse bestimmen deine Arbeiten? Welche Rolle spielt deine intensive Erfahrung mit der Kunstgeschichte? Welche Lehrer gibt es? Gibt es Vorbilder?

10. Ein wichtiges Arbeitsgebiet für dich als Lehrer und als Künstler ist der Film. Du hast selbst viele Filme gemacht. Gibt es eine Beziehung zwischen der Arbeit mit filmischen Mitteln und deinen anderen Arbeiten, den Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen, Installationen?

11. Bei vielen Wänden und Figuren und anderen Objekten beschränkst du dich auf eine subtile Farbigkeit, die das von dir verwendete Papier selbst generiert: durch Alterung und Lichteinfall. Und lange Zeit hast du, wenn du überhaupt Farbe benutzt hast, fast ausschließlich ein aus den Grundfarben gemischtes Grau verwendet. In letzter Zeit meine ich, eine Veränderung zu beobachten: eine immer noch sehr sparsame, aber fast übermütige Verwendung von Farbe: zum Beispiel die weißen polka-dots auf dem Körper der großen Figur und das leuchtende Rot auf ihrem ausgestreckten Zeigefinger(nagel?). Kannst du etwas zum Wandel der Farbe für dich und deine Arbeit sagen?

12. Welche Bedeutung hat Sprache in deinen Arbeiten? Was bedeuten die Texte, die du deinen Zeichnungen beigibst?

13. Wenn du eine neue Arbeit beginnst: gibt es Risiken, gibt es Gefährdungen, denen du begegnest? Und wie gehst du damit um?

14. Wann ist eine Arbeit für dich fertig?

15. Und wann oder wie weißt du, ob dir eine Arbeit gelungen ist?

16. Wie ist dein Verhältnis zu abgeschlossenen Arbeiten?

17. Wie kommunikationsfähig sind deiner Erfahrung nach die Arbeiten von dir? Wie zugänglich sind sie für fremde Betrachter, wie schwierig, wie einladend oder abweisend sind sie, öffnen sie sich leicht, oder sind sie eher hermetisch?

18. Eine letzte, vielleicht die am schwersten zu beantwortende Frage, die auch nicht leicht zu formulieren ist. Ich versuche es mit einem Beispiel: Ich war länger nicht in deinem Atelier und als ich dich eines Tages dort besuche, bin ich sehr überrascht: überall sehe ich Leitern aus Papier, kurze und lange, grade und gebogene, liegende und an die Wand gelehnte, stabile und fragile, manche wie große Fischskelette, manche wie aus einer Zirkusnummer.... Wenn ich das sehe, frage ich mich: wie ist der bloß darauf gekommen? Also: wie geschieht das, wie kommst du auf deine Ideen, wie entwickeln sie sich, woher weißt du, dass du das jetzt machen sollst?


Jürgen Heckmanns


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